Den Irrfahrten des griechischen Königs Odysseus stand das Höhentrainingslager von Pascal Kleyer und Markus Görger im amerikanischen Flagstaff / Arizona kaum nach.
Im Herbst 2019 wurde das Höhentrainingslager vom DLV geplant und es war eine große Gruppe vorgesehen, die dort die Grundlagen für die Olympiasaison erarbeiten sollte, zu denen auch Christoph Kessler gehören sollte.

Sehr erstaunt waren die Jungs, als dann im Januar klar wurde, dass die meisten anderen Athleten doch nach Kenia oder Südafrika gehen würden. Als noch Chris Kessler verletzungsbedingt absagen musste, war klar, dass Markus und Pascal mit einem Bundestrainer die einzigen Männer in Flagstaff sein würden. Da aber viele Topathletinnen um Christina Hering angekündigt waren, war zumindest die Versorgung mit Physio, Arzt und Bundestrainern gesichert.

So traten die beiden direkt nach den deutschen Crossmeisterschaften die Reise in die Vereinigten Staaten an. Die ersten Tage der Höhenanpassung verliefen wie gewohnt. Es wurde viel gewandert und locker gelaufen, um sich an die sauerstoffärmere Luft auf über 2000 Metern Höhe zu gewöhnen. Pascal konnte nach überstandener Fußverletzung wieder belasten und Markus hatte mit seinem souveränen Cross-DM Titel bewiesen, dass auch seine Form wieder ansteigend war.

Im kleinen Team mit einem Bundestrainer und einer Physiotherapeutin wurden die ersten Tage im „Tor zum Grand Canyon“ bei tollen Bedingungen verbracht. Neben Dauerläufen waren vor allem Krafttraining im Athletics Center, schwimmen, koordinatives Training und Berganläufe angesagt.

Die Corona-Einreisesperre des amerikanischen Präsidenten Trump führte dann allerdings dazu, dass alle erwarteten DLV-Athletinnen und DLV-Trainer doch nicht anreisten. Der Bundestrainer und die Physiotherapeutin vor Ort wurden vom DLV abgezogen und nach Deutschland beordert. Pascal und Markus wollten nach nur wenigen Tagen und viel investiertem Geld nicht schon das Trainingslager abbrechen und blieben alleine dort.

Fortan trainierten sie sehr konsequent alleine weiter und bewältigten auch die Situation, dass sukzessive auch in den USA Fitnesscenter und Schwimmbäder geschlossen wurden. Trotzdem gelang es Pascal und Markus in Absprache mit ihrem Trainer immer wieder situationsbedingt das Training durchzuziehen. Auch mit dem einsetzenden Schneefall und den schwieriger werdenden äußeren Bedingungen kamen die Läufer sehr gut zurecht. Für die harten Tempoeinheiten trafen sie sich mit einem Katari, einem Neuseeländer und einem Luxemburger, die neben ein paar Franzosen auch noch auf dem Hochplateau ausharrten. Sogar eine Laktatmessung hatten die fünf Verbliebenen organisiert.

Da die weltweite Krisensituation sich immer weiter zuspitzte, zog das deutsche Innenministerium die Reißleine und beorderte am 19. März alle deutschen Athleten endgültig nach Hause. Die Athleten, die in Äthiopien, Kenia oder Südafrika trainierten mussten ebenso wie Markus unverzüglich zurückfliegen. Da Pascal, der nicht mehr im Bundeskader ist, nicht alleine zurückbleiben konnte, wurde für ihn ein recht teurer Rückflug gemeinsam mit Markus gefunden und die Jungs mussten Hals über Kopf die Abreise vorbereiten.

Das Essen, das ursprünglich für 4 Wochen Trainingslageraufenthalt im Selbstversorger-Appartement gekauft worden war, verschenkten die beiden kurzerhand an die neu gewonnenen „Freunde“ aus Neuseeland, Luxemburg und Katar und fuhren um 3 Uhr nachts mit dem Mietwagen von Flagstaff nach Phoenix. Von dort ging der Flieger nach San Francisco, der fast komplett leer war. In Kalifornien hatten die beiden dann 6 Stunden Aufenthalt, ehe sie 10 Stunden im völlig überfüllten Flieger zurück nach Frankfurt befördert wurden.

Fast zwei Wochen früher als geplant endete somit ein Trainingslager in sehr besonderen Zeiten. Schön, dass beide wieder wohlbehalten und um viele Erfahrungen reicher zu Hause sind. Sportlich sind sie trotzdem einen Schritt vorangekommen und können immerhin von einem Trainingslager im Jahr 2020 berichten, was vielen anderen leider verwehrt bleiben wird.