Mit einem Paukenschlag endete der erste Tag der DM in Erfurt 2017 – die LGR-Männerstaffel mit Wendelin Wäcker, Marvin Hock, Manuel Retzbach und Flo Gedemer belegte in einem famosen Rennen hinter Wattenscheid I, Leverkusen I und Wattenscheid II mit neuem Kreisrekord einen sensationellen 4. Platz und löschte den fast 60 Jahre alten Kreisrekord aus, den Lothar Knörzer, Carl Kaufmann, Heinz Fütterer und Peter Meier im Trikot des KSC im Jahr 1958 bei den damaligen Deutschen Meisterschaften aufgestellt hatten.

Sprintlegende Heinz Fütterer war alles andere als traurig über diesen neuen Rekord. “ Es ist sehr erfreulich, dass wir in Karlsruhe wieder Sprinter haben, die als Staffel in Deutschland vorne mit dabei sind“, zitierte die BNN in ihrem Artikel den damals 85-jährigen Meistersprinter. „Gemeinhin geht man von einem optimalen Wechseln aus, wenn der Wechselgewinn nach Addition der Einzelzeiten bei 3,5sec liegt. Wir haben mit Gedemer (10,54s), Wäcker (10,92s), Retzbach (11,31s) und Hock (10,98s) einen Wechselgewinn von 3,49 sec. erreicht und alle Wechsel kurz vor Ende der Wechselmarke durchgeführt – besser geht es nicht“, analysierte Coach Udo Metzler diesen neuen Rekord. Seit 2014 ist bei jeder DM eine Männerstaffel der LGR vertreten und die Ziele sind durchaus ambitioniert.

„Wir wollen versuchen die 39 Sekunden vor das Komma zu bekommen und in Braunschweig mit 2 Männerstaffeln antreten“ gibt Metzler die Marschroute für 2020 vor. In Berlin schaffte es die Männerstaffel verletzungsbedingt verändert mit Hannes Löffler, Marvin Hock, Marvin Göllner und dem kurzfristig eingesprungenen Julian Howard in 40,99sec. auf Platz 10 der Gesamtwertung, die Frauenstaffel mit Nina Garay, Mikaelle Assani, Pia Ringhoffer und Sarah Krems schaffte Platz 16 unter 40 angetretenen Staffeln und erreichte nach dem neuen Vereinsrekord von 46,67sec. mit 46,76sec. erneut eine tolle Zeit.

Eine Männerstaffel und die Frauenstaffel sind aufgrund der Leistungen aus 2019 schon qualifiziert, die Männer versuchen in Pliezhausen mit einer zweiten Staffel die Norm von 42,10sec. zu knacken. Im weiblichen Juniorenbereich stehen mit Sonja Lawson, Mikaelle Assani, Sarah Krems, Pia Ringhoffer und Tabea Müller gleich 5 schnelle Juniorinnen zur Verfügung, die in 2020 bei der DM der Junioren U23 versuchen wollen neben ihren Einzelstarts auch um die Staffelmedaille zu kämpfen und die Chancen dafür stehen nicht schlecht.

Wagt man einen Blick zurück, so unterlag die Entwicklung der Staffelleistungen über 4x100m in den Jahren bis 2013 mit Zeiten von 42-43sec. im Männerbereich eigentlich den gleichen problematischen Voraussetzungen wie die 4x200m Staffeln. Stärker offenbarte sich die Problematik aber vor allem in den weiblichen Jugendklassen, wo in den Anfangsjahren der LGR leistungsstärkere Athletinnen sehr dünn gesät waren. Der U23-Bereich war so zwangsweise über viele Jahre stark vernachlässigt, sodass hier über mehrere Jahre hintereinander keine 4x100m Staffel gestellt werden konnte, teils mangels Masse, teils mangels Qualität.

Selbst die stark reduzierte Tabelle mit ausgewählten Jahren aus der nahen Vergangenheit zeigt aber die enorme Entwicklung auf, die die LG Region in den letzten Jahren im Bereich des Kurzsprints genommen hat. Die Gründe für diesen positiven Trend liegen einerseits in der zunehmenden Attraktivität der LGR aufgrund der Trainingsvoraussetzungen, des vorhandenen Trainerpotentials und der damit verbundenen Zuwanderung von Athleten, andererseits aber vor allem in einer verstärkten Entwicklungsarbeit und funktionierenden Zusammenarbeit mit dem Nachwuchsbereich um Sofia Gausmann und Pat Scheef in den Schüler- und Jugendklassen.

Betrachtet man die Entwicklung im weiblichen Jugendbereich, so kann man feststellen, dass neben den extrem schwachen Jahre zwischen 2009 und 2014 vor allem die Jahrgänge 1999 und 1998 einen immensen Aufschwung brachten, der sich auch in den Staffelleistungen des Jahres 2016 mit dem neuen LGR-Rekord durch Fredi Kunz, Caro Kleyer, Pia Ringhoffer und Franzi Heidt mit 47,24sec. niederschlägt. Diese Entwicklung wird auch beim Betrachten der Entwicklung unserer LGR-Rekorde deutlich, von denen seither viele verbessert werden konnten. Die derzeitige Frauenstaffel hat mit Pia Ringhoffer sicher eine sehr leistungsstarke Athletin in ihren Reihen, die zusammen mit Tabea Müller, Mikaelle Assani, Sonja Lawson, Nina Garay und Sarah Krems auch in 2020 eine schlagkräftige Frauenstaffel in Braunschweig ermöglichen sollte.

Leider nicht zu vermeiden war in der Vergangenheit der Aderlass im weiblichen Jugendbereich aufgrund von studienbedingten Abgängen kurz vor dem Übergang in die Aktivenklasse, der aber teilweise durch Neuzugänge kompensiert werden konnte. Auch bei den Männern ist diese Entwicklung gegeben und wird hier wohl auch durch das Ende des Studiums und den Beginn des Arbeitslebens in naher Zukunft zu Veränderungen führen. Der Zugang von David Simonis, der sich 2018 in Karlsruhe auf 10,64sec. steigern konnte, dürfte die Männerstaffel noch einen Tick stärker machen.

Gleichwohl unterliegen die unterschiedlichen Jahrgänge männlich sowie weiblich immer wieder größeren Schwankungen im Leistungsvermögen, sodass es auch in Zukunft das ein oder andere schwächere Jahr geben kann. Vier schnelle Jungs oder Mädels in einem Jahrgang bzw. einer Jahrgangsklasse zu haben ist nicht immer einfach und spricht vor allem dafür, auch mal eine Altersklasse höher zu starten oder in einem Mix aus unterschiedlichen Jahrgängen in der höheren Altersklasse anzutreten. Dass dies viel Erfahrung bringt und funktioniert haben die Mädels bei der Aktiven-DM 2014 in Ulm sowie der DM 2016 in Kassel bewiesen, als drei U18-Athletinnen und eine U-20-Athletin in der Frauenstaffel erfolgreich waren.

Während der weibliche U18-Bereich derzeit etwas schwächelt, wachsen im männlichen U18-Bereich einige junge Athleten nach, die Hoffnung machen, dass die Tradition schneller Sprintstaffeln im weiblichen wie männlichen Bereich auch in Zukunft weiter geführt werden kann.

Udo Metzler