Leichtathletik bei der LG Region Karlsruhe – das bedeutet mehr als weite Sprünge und Würfe oder schnelle Zeiten auf der Bahn.
Zu den Erfolgen der Athletinnen und Athleten gehören viele Entbehrungen, um Training und Alltag zu vereinen, Unterstützer und Förderer im Privaten und im Verein und über die Jahre gewachsene Trainingsgruppen mit großem Zusammenhalt.
In der Kategorie „Inside LGR“ wollen wir in den kommenden Monaten immer wieder Einblicke geben, was alles hinter den tollen Leistungen steckt, die die LGR-Athleten leisten. Als erstes folgt nun ein Porträt über Stabhochspringer Vincent Hobbie.
Ein echtes Hammerjahr war für Stabhochsprung-Ass Vincent Hobbie das Jahr 2019. Nach einer sehr guten Collegesaison in den USA, in deren Verlauf der LGR-Topathlet die amerikanischen Hallenmeisterschaften der College Liga NCAA mit damals neuer pers. Bestleistung von 5,36m gewonnen hatte, startete er trotz kräftezehrender Saison auch in Deutschland so richtig durch. In kurzer Zeit steigerte der Stabartist zunächst beim bekannten „Touch the Clouds Festival“ in Gräfeling seine Freiluftbestleistung auf die neue badische Rekordhöhe von 5,50 Metern, und holte sich anschließend den DM-Titel der Junioren sowie das erhoffte Ticket zur Teilnahme an den U23-Europameisterschaften im schwedischen Gävle. Gegen die internationale Konkurrenz meisterte Vincent dort trotz kühler und windiger Bedingungen mit nur zwei Sprüngen die Qualifikation für den Endkampf, wo sich der ehrgeizige Athlet schließlich mit Rang 11 zufrieden geben musste.
Seinen derzeitigen Aufenthalt in den USA bereut der 22jährige „Stabi“ jedenfalls nicht, der schon seit der frühen Schülerzeit für die LGR startet und im Gegensatz zu vielen anderen Sportlern nicht über ein Vermittlungsprogramm, sondern durch Eigeninitiative eine US-Universität samt Trainer gefunden hat. Nach dutzenden Emailanfragen und verschiedenen Skype-Kontakten, inkl. Stipendiums-Verhandlungen hat Vincent schließlich an der University of Central Missouri (UCM) bei Headcoach Kip Janvrin „angeheuert“. Der Charme und die Gastfreundschaft des Mittleren Westens bilden seither den akademischen und sportlichen Mittelpunkt des ehemaligen Athleten von LGR-Stabhochsprungcoach Ralf Bender.
Zunächst war Vincent, der International Business studiert und derzeit bei recht freier Stundenplangestaltung etwa fünf Kurse pro Semester belegt, direkt auf dem Campus untergebracht. Seit dem vergangenen Herbst wohnt er nun zusammen mit fünf Kollegen seines Track Teams in einem geräumigen Haus mit eigenem Zimmer und Gemeinschaftsküche. In nur wenigen Laufminuten kann der Modellathlet von dort aus seine Lern- und Trainingsstätten besuchen.
Bekanntermaßen ist der grundsätzliche Stellenwert des Sports im amerikanischen Bildungssystem sehr hoch. Auch wenn natürlich Football oder Basketball ganz oben rangieren, hat die Leichtathletik vor Ort ein gutes Standing. An der UCM ist der Stabhochsprung besonders angesehen, da man über ein Spitzenteam verfügt. Das gute Image der Stabhochspringer wird aber auch dadurch befördert, dass viele Studenten während ihrer Highschool-Zeit die Disziplin schon einmal kennengelernt haben – in Deutschland wohl undenkbar!
Fünfmal die Woche, jeweils zwei bis drei Stunden, trainiert Vincent an der UCM. Die dortige Ausstattung ist seiner Einschätzung nach „recht gut“. Die Leichtathleten teilen sich dabei die flache 200m-Rundbahn in der Halle nur mit den Basketballern. Die Stabhochsprunganlage befindet sich auf einem Nebenplatz des Stadions. Ein top ausgestatteter Kraftraum, in dem zwei „Strength Coaches“ auf die korrekte Übungsgestaltung achten sowie zwei ständig aktionsbereite Physiotherapeuten runden die guten Trainingsbedingungen ab.
Zusammen mit seinem „erfahrenen und entspannten“ Coach Kip Janvrin, der als ehemaliger Zehnkämpfer nicht nur an Olympischen Spielen teilgenommen hat, sondern bis heute den US-Rekord für die meisten Zehnkämpfe über 8.000 Punkten hält, hatte Vincent in der Wintersaison 2018/19 an kleineren technischen Umstellungen und besonders an der Anlaufgestaltung gefeilt. Die oben erwähnten Pulverisierungen seiner Bestleistungen beweisen dabei die offenbar fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Headcoach.
Als Sportstipendiat hat Vincent natürlich auch Verpflichtungen. Regelmäßiges ambitioniertes Trainieren, die Teilnahme an Teamsitzungen oder prophylaktische Besuche beim Physio gehören ebenso dazu, wie möglichst erfolgreiche Starts bei Wettkämpfen. Am wichtigsten für die UCM sind dabei die Conference Championships, wo 10 Punkte für den Sieg erwartet werden. Auch bei den Nationals sollte man einige Punkte fürs Team beisteuern, immerhin kann die Höhe des eigenen Stipendiums von den jeweils erreichten Ergebnissen abhängen. Druck ist in den USA also bei allem Spaß selbstredend immer inbegriffen!
Für das Jahr 2020 hat sich Vincent gleich mehrere Ziele gesetzt: Seine derzeitige Bestleistung von 5,50 Metern will er weiter steigern und in den USA Indoor wie Outdoor die Nationals gewinnen. In seiner Heimat peilt er in seinem ersten Aktivenjahr einen Top 5-Platz bei der DM an. So wie sich der LGR-Überflieger bislang entwickelt hat, ist ihm dieses Vorhaben auch durchaus zuzutrauen. Wir wünschen Vincent jedenfalls alles Gute für die kommenden Saisons und natürlich möglichst hohe und sichere Flüge!