„Ihr seid super!“

Es sind nun bereits einige Tage seit den letzten Wettkämpfen der U20-Europameisterschaft in Tallin vergangen und die drei LGR-Starter sind gut wieder in Karlsruhe angekommen. Der Fokus liegt nun wieder auf dem Training und der Vorbereitung für die anstehenden Deutschen Jugendmeisterschaften kommende Woche in Rostock und so erwartete die Drei, als sie am Dienstag zum Training ins Carl-Kaufmann-Stadion kamen eine Überraschung. Mit „Ihr seid super!“ wurden sie von den jüngsten Sportlerinnen und Sportler aus der Trainingsgruppe von Sofia Gaußmann begrüßt und von allen Anwesenden für ihre Erfolge in Tallin gefeiert.

Auf diese Erfolge wollen wir nun nochmal zurückblicken.

„Du bist die Frau des letzten Versuchs“

In einem wahren Krimi hat sich Mikalle Assani bei der U20 Europameisterschaft in Tallinn die Bronzemedaille erkämpft und damit den absoluten Höhepunkt der Saison 2021 geschaffen. Nachdem diese Saison nach einer fast einjährigen Verletzungspause schon phänomenal gelaufen war, mit der Vizemeisterschaft bei der U23-DM in Koblenz und der Steigerung auf 6,60m ihren vorläufigen Höhepunkt erlebt hatte, was Platz zwei der Weltbestenliste bedeutete, fuhr Mikaelle mit einer gewissen Erwartungshaltung nach Tallinn.

Schon in der Qualifikation am Samstag gelang ihr nach einem ungültigen Versuch nervenstark mit 6,64 Metern bei gültigem Wind von +0,4m/s die beste Leistung einer U20-Weitspingerin weltweit – der Jubel kannte keine Grenzen und die Zielsetzung war damit klar – im Finale sollte es eine Medaille sein. Dass es dort zu einem derartig spannenden Wettkampf kommen sollte, konnte man eigentlich nicht erwarten. „Heute geht es nicht um bestenlistenfähige Weiten, sondern ums gewinnen. Also nutze den Wind aus, verlängere den Anlauf um einen halben Fuß und beginne mit einem gültigen Versuch“ hatte Coach Udo Metzler sie vor dem Wettkampf eingestellt. Das gelang Mikaelle dann auch mit 6,49 Metern, womit sie das Feld anführte. Maja Skag aus Schweden, die Siegerin des Dreisprungwettbewerbs, konterte im zweiten Versuch mit 6,54 Metern und legte im nächsten Versuch 6,60 m bei +4,1 m/s nach, womit Mikaelle auf Platz 2 rutschte. Dann passierte länger nichts, bis der Wettbewerb im 5. Versuch jedoch Fahrt aufnahm. Die ebenfalls hoch eingeschätzte Tessy Ebosel aus Spanien machte genauso einen tollen Wettkampf und rutschte nach 6,63 Metern auf Platz zwei, Maja Skag verbesserte sich erneut bei zu viel Wind auf 6,76 Meter. Damit war Mikaelle plötzlich nur noch Dritte. Mit dieser Platzierung hätte man leben können, doch als Laura Müller im letzten Versuch mit 6,61 Metern bei + 4,3m/s den dritten Platz übernahm, sah es für Mikaelle nach Blech statt Bronze aus.

„Du bist die Frau des letzten Versuchs, verkürze den Anlauf um einen halben Schuh und geh drauf – du kannst das“ gab ihr Coach Udo Metzler daraufhin mit. Mikaelle setzte das beherzt um und sprang mit 6,62m genau 1cm weiter als ihre Mannschaftskameradin Laura Müller. Dass sie dabei das Brett nur ankratzte und dieser Sprung vielleicht sogar zum Sieg gereicht hätte – Schwamm drüber. Mikaelle hatte in einem hochdramatischen Wettbewerb Bronze gewonnen und gezeigt, welche Entwicklung für sie in der nahen Zukunft möglich sein könnte, auch wenn es natürlich schade ist, dass nur ein 1 cm zu Silber und der Vizemeisterschaft fehlte, aber eben auch nur 1cm zum undankbaren vierten Platz und Blech. Ihre weiteren Versuche von 6,32m, 6,42m und 6,41m, zumeist mit Reserven am Brett, zeigten auch, dass sie bei dieser Windlotterie eigentlich die stärkste Springerin des Feldes gewesen war. Überglücklich bestieg Mikaelle das Siegerpodest und ließ sich die Medaille überreichen, die sich die Athleten bei der Siegerehrung wegen Corona selbst umhängen mussten.

Ein wahrer Krimi hatte doch noch ein positives Ende gefunden und auch Platz eins der Weltbestenliste hat ihr bisher noch niemand streitig gemacht.
Bravo Mikaelle für eine tolle Leistung!!!!!!

– Udo Metzler –

Nicht an die Müdigkeit denken

Bei ihrem ersten Start im Nationaltrikot zeigten die beiden Läufer Lisa Merkel und Florian Zittel ebenfalls hervorragenden Leistungen.
Nachdem Lisa sich mit einem taktisch klugen Rennen für das Finale qualifiziert hatte, war die Aufregung vor dem Finale ebenso groß, wie sie berichtet: „Ich war ziemlich aufgeregt vor beiden Läufen, weil das Niveau so hoch war, aber ich hab gelernt, dass es den anderen ganz genauso geht und dass es dann doch ganz anders laufen kann als man vorher erwartet (wegen schweren Beinen durch den Vorlauf oder Müdigkeit) wenn man einfach los läuft und sein Bestes gibt.“ Dass sie ihr Bestes gegeben hat, lässt sich mit einem Blick auf die Ergebnisliste auf jeden Fall bestätigen. In neuer persönlicher Bestzeit von glatten 9:20,00 Minuten lief Lisa auf dem grandiosen siebten Platz ins Ziel und komplettierte damit auch das starke Abschneiden der deutschen 3.000 Meter Läuferinnen, denn direkt vor ihr auf den Plätzen fünf und sechs erzielten auch ihre Teamkolleginnen Johanna Pulte und Anneke Vortmeier mit neuen Bestzeiten gute Ergebnisse. Die Müdigkeit vom Vorlauf schien somit vergessen und mit zwei qualitativ sehr hochwertigen Läufen konnte die 17-Jährige bei ihrer ersten internationalen Meisterschaft , trotz der vielen neuen und ungewohnten Abläufe, ihre Leistung auf den Punkt abrufen. „Es hat Spaß gemacht dort zu laufen und das Deutschland-Trikot anzuziehen“, so lassen sich der Wettkampf und die Tage in Tallin sicherlich gut zusammenfassen, die für Lisa zugleich eine große Erfahrung waren und auch mit dem Kennenlernen vieler neuer Leute aus verschiedenen Ländern, die die gleichen Interessen teilen, verbunden war.

Mit großem Q ins Finale

Das große Q und damit die direkte Qualifikation für das Finale hatte sich auch Florian Zittel in seinem Vorlauf über 3.000 Meter Hindernis erkämpft. Nachdem er den Großteil des Rennens im Mittelfeld mitlief, konnte er sich auf den letzten Runden weiter nach vorne arbeiten und mit großem Einsatz den fünften Platz in 9:05,28 Minuten belegen. Im Finale war der 18-jährige, der als Auszubildender zum Kfz-Mechatroniker täglich acht Stunden arbeitet, nicht mehr ganz fokussiert am Start, wie er selbst berichtet. Bereits zu Beginn wurde an der Spitze des Feldes ein hohes Tempo angeschlagen, sodass sich Flo auch in diesem Rennen im Mittelfeld einsortierte. Jedoch fehlte am Ende die Kraft, um das Tempo zu erhöhen und weitere Platzierungen gut zu machen. In 9:10,90 Minuten kam er bei seinem ersten Start im Deutschlandtrikot auf Platz elf ins Ziel und konnte mit einigen Tagen Abstand mit seinem Rennen doch auch zufrieden sein. Die Erfahrung zwei Rennen innerhalb weniger Tagen auf allerhöchstem Niveau zu laufen, wird ihm bei zukünftigen Wettkämpfen sicherlich helfen. Während der Wettkämpfe konnte sich alle Athleten stets der Unterstützung ihrer Teamkollegen sicher sein. „Die Stimmung im Team war perfekt und ich habe mich mit jedem gut verstanden“, so beschreibt Flo die Atmosphäre untereinander und betont, dass man auch mit den anderen Nationen im Austausch stand und so neue Freundschaften schließen konnte.

Wir gratulieren allen dreien nochmals zu ihren Erfolgen bei der U20-EM und wünschen ihnen viel Erfolg bei der Jugend-DM in der kommenden Woche in Rostock.